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Apnoe Übungen


Text/Abbildungen:
Jonathan Püttmann
Hochgeladen: 22.11.2021
Textart: Sachtext
Kategorie: Mentale Stärke
Länge: 1523 Wörter
Seite 1
A413

Apnoe Übungen


Tauchtraining im Schwimmbad

Den Laien wird es überraschen, doch die meiste des Trainings verbringt der Apnoetaucher außerhalb des Wassers. Körperliche Fitness wie Ausdauer oder Muskelkraft sind zwar förderlich, aber nicht entscheidend. Deshalb wird von manchen auch behauptet, dass es sich überhaupt nicht um eine Sportart handelt. Ich mag anderer Meinung sein, doch der Vorwurf stört mich nicht, denn ich tauche ja nicht, um mich anzustrengen, sondern im Gegenteil: um mich zu entspannen. Klingt nach Yoga und es gibt tatsächlich einige Parallelen. Sowohl Yoga als auch autogenes Training werden vielfach im professionellen Bereich angewendet, um den Entspannungseffekt zu verstärken und die Gedanken auf den Tauchgang zu fixieren. Man benötigt absolute Konzentration und eine tiefe innerliche Ruhe. Ziel des Trainings ist es, den eigenen Sauerstoffverbrauch kraft der Gedanken auf ein Minimum zu reduzieren. Das gelingt unmittelbar über die Verlangsamung des Herzschlags, doch es geht um mehr: Wir sind es gewohnt, wenigstens alle 10-20 Sekunden einzuatmen. Hält ein Mensch die Luft an, treten in einigem Abstand mehrere Reaktionen des Körpers ein, die daran erinnern, dass Sauerstoff überlebensnotwendig ist. Und so essenziell das Atmen ist, so unangenehm sind die Reaktionen, wenn wir es einstellen. Entspannungstechniken helfen dabei, nicht zu viel über die Atemnot nachzudenken. Das ermöglicht längere Tauchzeiten, aber auch die langfristige Gewöhnung darf man in der Rechnung nicht vernachlässigen. Die psychische Belastung ist bei ernsthafter Betreibung des Sports immens. Man darf nicht vergessen: Auch wenn wir uns an Land befinden, rechnet unser Körper nach drei Minuten Luftanhalten mit einer ernsthaften Bedrohung unseres Lebens. Diese Reaktion ist angeboren und lässt sich nicht abtrainieren. Die beste Lösung liegt darin, dass wir ein gewisses Maß an Stress in Kauf nehmen und unserem Körper auf andere Weise etwas Gutes tun.

Es gibt ein paar Regeln, die man stets im Hinterkopf behalten sollte, wenn man sich mit dem Apnoetauchen beschäftigt. Die erste und wichtigste ist: Tauche niemals allein! Für geübte Taucher liegt die Grenze bei 25 Metern Strecke, die man noch ohne Sicherungspartner tauchen darf. Je nach Trainingsstand kann die Distanz auch darunter liegen. Grundsätzlich gilt: Will man in die Nähe seiner Leistungsgrenze gelangen, ist ein Sicherungspartner zwingend erforderlich, der über die gesamte Strecke nicht von der Seite des Tauchers weicht und innerhalb weniger Sekunden eingreifen kann. Ein Freund oder der Bademeister am Beckenrand reicht dafür nicht aus!

Zweitens sollte man nur tauchen, wenn man sich gut fühlt. Klingt banal, aber denken Sie an die angesprochene psychische Belastung. Man kann gegen diese Gefühle nicht ankämpfen! Wer versucht, den Atemreiz mit einem harten Willen zu brechen, wird scheitern. Man kann ihn nur ertragen und es sich dabei so gemütlich wie eben möglich machen. Irgendwann gewöhnt man sich an das Herzklopfen und verliert die Angst vor dem Ersticken. Mehr geht nicht.

Zu guter Letzt sollte man auf die richtige Kommunikation achten. Trainiert man mit Partner, spricht man sich vor dem Tauchgang über Dauer, Strecke oder Tiefe ab und bleibt in den selbst gesteckten Grenzen. Trainiert man im Schwimmbad, gibt es zudem immer Beobachter, denen man verbal oder nonverbal zu verstehen geben muss, dass man weiß, was man tut. Mit 5kg Blei ins Wasser zu springen und sich auf den Beckenboden zu legen, ist also keine gute Idee. Nach dem Tauchgang sollte man sich zudem nicht von seinem Partner entfernen oder gleich anfangen zu sprechen. Es dauert nach dem ersten Einatmen noch gut 30 Sekunden, bis ein Blackout ausgeschlossen werden kann. Davor kann man mit einem Handzeichen zu verstehen geben, dass man sich gut fühlt.

1. Übung – Luft anhalten

Ausgangsposition Brustatmung Bauchatmung Um ein Gefühl dafür zu be­kommen, wie der eigene Körper so tickt und was man sich unter Wasser zutrauen kann, ist es hilfreich, zunächst an einem sicheren Ort die Luft anzuhalten. Die Unterlage kann durchaus bequem sein, wichtig ist nur, dass man komplett gerade liegt und sich die Brust nach oben ausdehnen kann. Wenn man Alltagskleidung trägt, sollte diese nur leicht anliegen und den Oberkörper nicht einengen. Gegen versehentliches Einatmen über die Nase helfen entsprechende Klammern oder Tauchmasken. Denken Sie aber daran, dass Sie jederzeit fähig sein müssen, über den Mund atmen, falls Sie das Bewusstsein verlieren. Legen Sie sich auf den Rücken und schließen Sie die Augen. Wenn Sie das Gefühl haben, in dieser Position einschlafen zu können, machen Sie bereits vieles richtig! Legen Sie jetzt eine Hand auf die Brust und eine auf Ihren Bauch. Sie spüren Ihren Herzschlag und das Heben und Senken Ihrer Lunge. Atmen Sie langsam in Ihre Brust und versuchen Sie dabei, Ihre Hand nach oben zu drücken. Merken Sie, dass Ihr Herz schneller schlägt, wenn Sie einatmen und langsamer, wenn Sie ausatmen? Dieses Prinzip wollen wir uns später zunutze machen.

Stellen Sie sich nun vor, dass sich Ihre Lunge bis zu Ihrem Bauchnabel erstreckt. Atmen Sie langsam ein und versuchen Sie dabei, Ihren Bauch mit Luft zu füllen. Im Idealfall geht jetzt Ihre andere Hand nach oben, während die Hand auf Ihrer Brust unbewegt bleibt. Wechseln Sie zwischen Brust- und Bauchatmung ab. Es braucht viel Übung, bis sich die Lunge in die gewünschte Richtung ausdehnt. Aber auch ohne die perfekte Technik können die folgenden Schritte ausprobiert werden.

Um den Oberkörper möglichst zu entlasten, legen wir nun die Hände in eine bequeme Position seitlich an den Körper und versuchen, unseren Herzschlag von innen zu fühlen. Atmen Sie bewusst 5 Sekunden lang ein und circa 10 Sekunden lang aus. Mit diesem Trick überwiegt der Effekt der Pulsverlangsamerung und Sie können Ihren Herzschlag effektiv um einige Schläge pro Minute senken. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung und blenden Sie alle anderen Gedanken aus. Entspannen Sie nacheinander jeden einzelnen Muskel in Ihrem Körper. Sie brauchen nur Ihr Herz und Ihre Lunge, alles andere dürfen Sie im Augenblick vergessen. Stellen Sie sich vor, Sie wären müde und wollten einschlafen. Manchen Menschen hilft es dabei, ein bestimmtes Mantra immer wieder im Kopf zu wiederholen. Beispielsweise „Mir geht es gut und ich bin ganz ruhig“. Dabei wird langsam in den Bauch geatmet, es kann auch bereits einige Sekunden die Luft angehalten werden. Dehnen Sie Ihre Lunge zu vollem Volumen, sodass sich Ihr Körper an den Überdruck gewöhnt.

Wenn Sie das Gefühl haben, vollkommen entspannt zu sein, atmen Sie nochmal 3-5 mal tief in Ihren Bauch und senken damit Ihren Herzschlag. Im letzten Schritt wird 2-3 mal eine Vollatmung durchgeführt, bei der Sie zuerst in den Bauch und direkt im Anschluss in die Brust einatmen, sodass ihr Oberkörper ein einziger Ballon ist. Hier dürfen Sie ruhig schnell wieder ausatmen, damit alle verbrauchte Luft aus ihrer Lunge gepresst wird. Halten Sie nach dem letzten Einatmen ein möglichst großes Luftvolumen in der Lunge zurück und kehren Sie in Ihren Entspannungszustand zurück.

Zwei Dinge haben sich jetzt geändert. Erstens: Sie spüren einen hohen Druck im Hals und in der Lunge und würden am liebsten direkt wieder ausatmen. Zweitens: Sie haben keine Beschäftigung mehr. Während Sie sich eben noch auf die Atmung konzentrieren konnten, schweifen Ihre Gedanken bereits wieder ab und suchen sich ein neues Ziel. Lenken Sie sie bewusst zurück auf Ihren Herzschlag, der sich vermutlich wieder etwas erhöht hat. Geben Sie im Kopf einen langsameren Takt vor und warten Sie ab, ob ihr Herz mitspielt. Sie haben viel Zeit. Keine Entspannungstechnik muss auf Anhieb funktionieren. Apnoetauchen bedeutet, stets das Beste aus der Zeit zu machen, die einem bleibt. Sie können in Gedanken Ihren Körper abwandern und kontrollieren, ob jeder Muskel entspannt ist. Oder stellen Sie sich vor, Sie würden im Himmel auf einer Wolke schweben. Negative Gedanken sind verboten. Auf die Uhr schauen oder über die Zeit nachdenken ist verboten. Ob Sie die Augen öffnen oder geschlossen lassen, ist Geschmackssache. Hauptsache Sie fühlen sich wohl und verlieren jegliches Zeitbewusstsein.

Irgendwann setzt der Atemreiz ein, das bedeutet, Ihre Lunge zieht sich zusammen und Ihr Körper fragt, warum Sie nicht den Mund aufmachen. Beim Aufwärmtraining würden Sie nun ausatmen und die Zeit stoppen. Der Zeitpunkt der ersten Zwerchfellkontraktion ist ein guter Indikator dafür, wie entspannt sie waren. Für diejenigen, die weiter die Luft anhalten, kann nach Einsetzen des Atemreizes von Entspannung keine Rede mehr sein. Das Zwerchfell zieht sich alle paar Sekunden unkontrolliert zusammen und drückt zusätzlich auf die Lunge. Dieses Gefühl ist sehr unangenehm und mit nichts anderem zu vergleichen. Doch die Kunst ist, seine positive Einstellung zu behalten und sich nicht von der Stelle zu rühren. Über die Phase, in der es so unangenehm wird, dass Sie daran denken aufzugeben, kann es helfen, im Kopf ein Lied zu singen oder ein paar Fingerübungen zu machen. Manche Menschen schaffen es, danach wieder in ihren Entspannungszustand zu gelangen, doch es ist völlig okay, wenn Sie an diesem Punkt abbrechen. Dass Sie tatsächlich an Ihre körperliche Leistungsgrenze kommen, merken Sie daran, dass einzelne Gliedmaßen taub werden oder zu kribbeln beginnen und dass ihr Sehsinn beeinträchtigt ist. Wollen Sie keinen Blackout riskieren, sollten Sie spätestens jetzt aufhören.

Etwa eine Minute sollten Sie mindestens noch liegen bleiben und normal atmen, danach dürfen Sie wieder aufstehen und alles machen, was Sie wollen. Je nachdem, wie weit Sie an Ihre Grenze gekommen sind, können Sie diese Übung auch mehrmals wiederholen. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass man nach einem Maximalversuch mindestens 48 Stunden Pause einlegen sollte, da sonst die psychische Belastung zu hoch wird.

Anmerkungen:

"You never dive alone" ist der wichtigste Grundsatz im Freitauchen, der einem überall begegnet, wenn man sich mit dem Thema befasst. Der Grund hierfür liegt in der Natur des Sports, an seine persönlichen Grenzen zu stoßen und sie zu überwinden. Der menschliche Körper hat einige Schutzfunktionen, die uns dafür schützen zu ertrinken. Doch trainiert man aktiv, diese Mechanismen zu ignorieren, muss man sich im Klaren darüber sein, was man riskiert. Es gibt keinen Countdown, den wir vor unserem Auge sehen und der uns sagt, wann wir ohnmächtig werden. Nach dem Einsetzen des Atemreizes kann ein Blackout jederzeit, ohne Vorwarnung und unmittelbar eintreten. Sogar nach dem ersten Atemzug an der Oberfläche besteht noch ein erhebliches Risiko. Alleingänge haben sowohl Weltrekordhalter als auch eine Vielzahl Amateure das Leben gekostet. Schließt euch deshalb einer Gruppe an, ob Sportverein oder DLRG und bittet jemanden, euch zu sichern.